Zissy M. Baumann: Willkommen in meinen Gedanken
Zissy M. Baumann

25. April 2015



Erster Wocheneintrag einer Leidenden 


Was heutzutage alles als Therapie verkauft wird, ist doch sehr abenteuerlich. Zumindest musste ich nun die Erfahrung machen. Es ist auch hier nicht alles „Gold was glänzt“. Wer nach der richtigen Methode sucht um seine Probleme anzugehen muss zumeist viele Jahre investieren oder er nimmt einfach die Abkürzung Tod und umgeht das Dilemma.

Wie ich auf dieses Thema komme?

Mir geht es derzeit nicht gut.

Damit möchte ich es derzeit belassen.

Es ist schon erstaunlich, dass ich es hier zugebe, dass dem so ist. Normalerweise sage ich, dass alles okay wäre oder dass es geht. Wohin es geht, fragt sowieso niemand.

Aber ich schweife wieder ab.

Mir geht es sogar so sehr „nicht gut“, dass ich jetzt eine Therapie beginne um nicht nur den momentanen Zustand zu beenden, sondern auch um dem ganzen auf den Grund zu gehen.

Zumindest dachte ich das.

Ich befinde mich jetzt seit einer Woche in der voraussichtlichen neunwöchigen Therapie einer Tagesklinik und ich frage mich was das alles soll und ob es überhaupt etwas bringt.

Versteht mich nicht falsch: ich will schon etwas ändern und mir ist klar, dass es nicht schnell geht und dass ich Arbeit reinstecken muss, aber ich fühle mich nicht ernst genommen. Ich werde die neun Wochen da sein und mein Bestes tun, allerdings finde ich die Art der Therapie nicht befriedigend.

Es gibt einen Haufen Mitpatienten, mit denen ich Zeit verbringen soll, die mir alle dasselbe sagen (und das zufällig auch genau derselbe Schrott ist, der mir von gesunden Menschen in meiner Umgebung gesagt wird. Nur zur Anmerkung: das hat mir bisher auch nichts gebracht) und mich damit aufbauen wollen. Das ist eine Säule der Therapie.

Es gibt einen Haufen Pflegekräfte oder was auch immer die sind, die alles besser wissen und einen nicht mal dann heimgehen lassen, wenn man körperliche Schmerzen hat und vor Schmerz nicht mal mehr weiß wie man nach Hause kommen soll, nur weil man deswegen weint. „Das hat doch einen anderen Grund warum sie weinen. Therapie ist nun Mal schmerzhaft!“

Es gibt Ärzte, die drei Bluttest vom Hausarzt in den Wind schlagen und sagen es gäbe keinen Grund für Medizin, nur weil ihr eigenes Ergebnis (von einer Entnahme) etwas anderes besagt.

Es gibt Psychologen, die in einem Gespräch so lange auf einen einreden und Fragen stellen, bis man heult und dann fragen sie: „Warum weinen sie jetzt?“

Ich weiß nicht wie es den geneigten Lesern geht, aber nach dieser Woche habe ich bereits keine sonderliche Lust auf die nächste.

Ein einziges Positives hat der Rotz allerdings schon: Ich bin gezwungen aus dem Haus zu gehen und das Grübeln wenigstens für kurze Zeit zu unterlassen.

Trotzdem fühle ich mich nicht besser.

Im Gegenteil.

Inzwischen mischt sich große Wut in meine Trauer.

Wut auf mich selbst vor allem, weil ich bei keiner Situation die mich ärgert, Energie aufbringen kann und etwas sage. Dass mein Selbstwertgefühl so gering ist, dass ich tatsächlich zu allem ja sage. Dass ich in der Klinik bleibe, trotz starker körperlicher Schmerzen und ich auf dem Heimweg fast einen Fahrradfahrer umgelaufen hätte. Und nein: „Es war NICHT besser in der Klink zu bleiben! Ich musste Zuhause mehrere Tabletten einnehmen um überhaupt wieder einen verdammten Muskel zu bewegen.“ Ich habe Abends noch ewig geheult. Ich war auch schon mal Selbstbewusster und ließ mich in so einer Situation nicht runtermachen.

Wenn das Ziel dieser Therapie bedeutet, dass ich den Pflegern, Ärzten und Psychologen wieder meine Meinung sagen kann, dann hoffe ich sehr, dass sie bald anschlägt. Dann entlasse ich mich selbst.

Ich bezweifle jedoch stark, dass dies das Ziel ist.

Ich muss und soll an mir arbeiten, damit ich nicht wieder in so eine Situation komme [Psychologe dazu: „Wenn es erblich bedingt ist, kommen Sie sowieso wieder in diese Phase.“ Sehr aufbauend, danke. „Und woher weiß ich, dass es erblich bedingt sein kann?“ Der Psychologe gelassen: „Wir geben Ihnen Medikamente dafür und wenn sie wirken, ist es erblich, wenn nicht, dann hat es einen anderen Grund.“ Sehr hilfreich, nochmal danke]. Das Problem ist einfach nur, dass ich nicht weiß WIE ich an mir arbeiten soll, damit ich nicht wieder so reinrutsche. Für mich besteht einfach nur die Tatsache, DASS ich reinrutsche und ich immer schwieriger rauskomme und die Phasen nicht abmildern, sondern scheinbar stärker werden. Aber davon scheint dort niemand etwas wissen zu wollen.

Es werde  Fragen zu meinen „guten Phasen“ gefragt, die natürlich in meiner derzeitigen Lage super gut sind. Daher natürlich gleich jeder an eine manische Phase denkt. Aber sie sind einfach nur besser als meine derzeitige Phase. Schön dass wir eine weitere Stunde dafür verschwendet haben (übrigens die einzige Stunde in dieser Woche).

Auch werden Vermutungen zu meiner Sexualität aufgestellt, nur weil ich berichte, dass ich schweißgebadet aufwache, weil ich plötzlich von einer Spinne träume. [Psychologin: „Ist doch klar, dass Sie körperliche Nähe nicht ertragen. Spinnen haben ja auch so etwas Kribbeliges, Nahes.“ Nach meinem Gesichtsausdruck: „Sehen Sie das nicht auch so?“ Ich ehrlich: „Mir stellen sich gerade nur fette Fragezeichen auf.“ Echt jetzt?] Ich habe nur ANGST vor Spinnen, mehr nicht. Leider erscheinen sie mir momentan nachts gehäuft, wodurch ich nicht durschlafe und mich verkrampfe. Dachte nur, dass könnte auch eine Ursache für meine Phase sein und nicht die Ursache dafür, dass ich keinen dämlichen Freund an der Backe habe.

Des Weiteren muss meine geliebte, verstorbene Mutter ständig als vermuteter Grund herhalten. [Psychologin: „Ihre Mutter ist gestorben als sie 15 waren? Na das erklärt schon einiges, das haben Sie nicht verarbeitet.“ Ich: „Meine erste schlechte Phase hatte ich mit 10 Jahren.“ Habe ich etwa schon vor ihrem Tod ihren Tod nicht verarbeitet? Cool, ich kann in die Zukunft sehen!] Es nervt mich sehr, dass jeder gleich daran denkt wenn ich davon berichte. Wird hier wirklich mit Klischees gearbeitet und nicht mehr mit dem Menschen an sich? Reicht es zu wissen, dass im Leben der Person eine Tragödie geschah und schon hat man eine Erklärung?

Vielleicht bin ich gar nicht Depressiv und nur alle anderen krank?

Vielleicht bin ich die einzig normal denkende und die, die mir helfen sollen, brauchen dringend eine Therapie?

Glaubt mir geneigte Leser, ich grüble viel und ich frage mich schon seit vielen Jahren warum ich so bin, wie ich bin und warum ich ab und zu so scheiße drauf bin. Zu wissen, dass ich Depressiv bin, ist nicht die halbe Lösung. Im Gegenteil. Es wirft mich so weit zurück wie noch nie. Ich weiß, was ich habe und ich habe keine Lösung. Nur die Gewissheit, dass es irgendwann besser wird. Das sagen zumindest immer alle.

Und wenn die nächste schlechte Phase wiederkommt, komme ich zurück in die Klinik. Ich wäre nicht die erste der das so geht.

Vielleicht werde ich auch deswegen nicht ernst genommen.

Alle fragen mich ständig: „Ist das deine erste Therapie?“ Ich beantworte jede Frage mit ja. Daraufhin zuckt jeder gelassen die Schulter (Mitpatienten und Psychologen). „Na dann… ich bin schon zum dritten Mal hier.“

So sieht wohl mein Leben aus.

Ich werde mich von einer halbherzig gestalteten, sogenannten „Therapie“ zur anderen hangeln und wenn ich mein Lebensende erreiche, werde ich an meinem Leben nur bedauern nicht doch die Abkürzung genommen zu haben.





Kommentare zu dieser Seite:
Kommentar von Freaky Uhl, 25.04.2015 um 13:47 (UTC):
Von mir wirst du keine Floskeln oder dergleichen hören weil ich selbsz genau weis das bringt absolut nichts ausset das man sich verarscht oder nicht ernst genommen fühlt. Einfach da zu sein das ist in meonen Augen eine Therapie. Eine Therapie kann auch etwas ganz anderes sein. etwas was überhaupt nichts mit der üblichen Therapie zu tun hat. Man wird nicht gefragt nach dies oder jenem. Man tut gemeinsam etwas und zwar nicht unbedingt in einer Gruppe in deinem Falle finde ich das eh seht fragwürdig warum eine Gruppe in betracht gazogen wird. Man tut gemeinsam etwas und irgendwann wenn man bereit ist redet man dann oder eben nicht. Wir sind eh Menschen die nur selber ihren weg finden können. Wir nehmen uns villeicht Beispiele an Lösungsmöglichkeiten aber unseren weg finden wir nur alleine. Wenn du möchtest bin ich sofort dabei dir aufzuzählen was alles toll und bewundernswertes an dir ist oder eben was nicht. Wenn ich frage wie es dir geht meine ich das ernst aber ich brauche keine Antwort darauf. Ich weis wenn du willst und bereit bist wirst du mit mir reden und wenn nicht ist das auch völlig in Ordnung denn ich weis nur zu gut das man mamchmal einfach von niemandem was wissen oder hörwn oder sehen will. Und mach dir keine Gedanken ob ich sauer verletzt oder sonst was bin denn das bin ich mit sicherheit nicht.
Ich nehme dich wie du bist mit allem und so wie du bist bist du aus meiner Sicht mehr Mensch als sonst jemand.
Nun um zum Punkt zu kommen, wahre Freunde sind die die nicht Fragen warum wiso oder weswegen sondern wenn du sagst ich brauche dich dann ist das einzige was sie fragen "wo bist du?"
Ich denke du weist was ich damit meine. Wenn du denkst ich könnte irgendwas tun gib mir bescheid und ich habe dann Zeit.
so sei mal in die Seite gestubst von mir und geh deinen Weg.
Gruss Sha

Kommentar von Freaky Uhl, 25.04.2015 um 13:38 (UTC):
Ich kann nachvollziehen was da gerade bei dir los ist. Ich musste von einem Therapeuten zum anderen. Und keiner konnte mir "helfen". Ich wusste auch was ich habe und die winzige Antwort die man bekommt: "sie haben einen schweren langen Weg vor sich und die Changsen kann man nicht vorraussagen" super sowas macht einem doch Freude. Desshalb meine Liebe verstehe ich, denke ich zumindest zim teil, was ein stückweit in dir vorgeht. Also was die da als Therapie dir verkaufen muss ich ehrlich sagen finde ich quatsch. Sie sollen gefallivst die wunderbare tolle Person in dir sehen die du bist. Mt deinen wunderbaren Stärken aber auch deinen Schwächen die dazu gehören und die dich mir persönlich nur noch sympatischer machen. Sie sollten mal überlegen was du alles leistest. Ich meine du warst in einer fucking schweren zeit für mich da und hast mir mit einer einzelnen Umarmung, was wohlgemerkt bicht deines ist, genau das gegeben was ich gebraucht habe. Du hast mir meinen Weg erleichert und ihn mir offenbart. du kannst auf eine Art zurhören die niemand sonst besitzt. Du hast eiben Humor den jeder zum lachen bringt. Du bist du wie du bist und das ist gut so. Egal was du tust wie du es tust oder eben nicht tust du weist ich stehe immer voll und ganz hinter dir.



Kommentar zu dieser Seite hinzufügen:
Ihr Name:
Ihre Nachricht: