Zissy M. Baumann: Willkommen in meinen Gedanken
Zissy M. Baumann

13. Mai 2016


Das Talos-Prinzip

 Heute möchte ich die geneigten Leser über etwas unterhalten und zum Nachdenken anregen, was mich selbst seit einigen Wochen beschäftigt. Und zwar beruht mein heutiger Gedanken-Eintrag auf einem First-Person Puzzle Spiel, welches vom kroatischen Hersteller Croteam entwickelt und im Dezember 2014 herausgebracht wurde. Neben dem puzzlegleichen Lösen von Leveln verfolgt das Spiel auch eine philosophische Handlung.

Ich möchte nicht zu viel über das Spiel ausplaudern und es irgendwem Spoilern, der es noch spielen will, deshalb nur so viel zum Spiel an sich.

Heute geht es um etwas, was im Spiel behandelt wird und mich noch immer beschäftigt. Um dieses Thema anzugehen, muss ich zu aller erst einmal beschreiben was das Talos-Prinzip (nach dem das Spiel benannt wurde und welches zudem noch fiktiv! ist) besagt. Es gibt einen Text (es gibt verdammt viele Texte im Spielverlauf), welcher folgendes besagt:

                [ARCHIV: 260BCE-F12] [Straton von Stageira]

Ob es nun stimmt, dass Dädalus den Riesen Talos erschaffen hat, oder ob er, wie andere sagen, ein Geschöpf des Hephaistos war – das, was wir mit Sicherheit wissen, ist dass er aus Bronze bestand, und nur eine Ader besaß, in der eine flüssige Substanz wie Blut floß, von der manche meinen, es sei Quecksilber gewesen, und von der andere behaupten, sie sei wie das Blut der Götter gewesen. Der Verlust dieser Flüssigkeit ließ ihn sterben, wie auch ein Mann stirbt, wenn er sein Blut verliert.

Kann man dann nicht sagen, dass Talos, obwohl er als Maschine oder Spielzeug erschaffen wurde, alle grundsätzlichen Eigenschaften eines Menschen hatte? Er bewegte sich aus eigenem Antrieb. Er sprach und konnte auf Fragen antworten, hatte Wünsche und Sehnsüchte. In der Tat war dies in der Geschichte der Argonauten die Ursache seines Niedergangs. Wenn also eine Maschine alle Eigenschaften eines Menschen haben kann, und sich wie ein Mensch verhält während sie von nichts anderem angetrieben wird, als von ihrem genialen Bauplan und dem Zusammenspiel ihrer Materialien nach den Prinzipien der Natur, dann folgt daraus nicht, dass der Mensch auch als eine Maschine angesehen werden kann? Dies wiederspricht allen Lehren der Metaphysik, aber dennoch kann selbst der gläubigste Philosoph nicht ohne sein Blut leben.

Quelle: The Talos-Principle by Croteam

Sehr interessant finde ich den vorletzten Satz, in der der fiktive Autor Straton fragt, ob man den Menschen dann nicht auch als eine Maschine ansehen kann.

Wenn man nach den alten Griechen geht (denn Talos gibt es in der griechischen Mythologie tatsächlich) so war Talos eigentlich nichts anderes als ein künstlicher Mensch mit Intelligenz. Also eine Künstliche Intelligenz (kurz: K.I.).

Ja, richtig gelesen. Heute geht es um meine Gedankengänge in Bezug auf Maschinen und K.I.‘s. Dinge bei denen die meisten Leser vermutlich wegklicken und mit einem Schulterzucken sagen, dass sei alles Science-Fiction und damit undenkbar. Aber ich möchte doch ein wenig daran erinnern, wie schnell und wie weit wir in den letzten Jahren in Bezug auf Maschinen, Computer, Betriebssystemen und Programmierung gekommen sind. Da sind K.I.s nur noch ein winziger Schritt und an diesem Arbeiten wir bereits fieberhaft. Daher bitte ich den geneigten Leser doch noch etwas länger auszuharren und bis zu Ende zu lesen.

Gehen wir mal kurz zu den Anfängen zurück.

Während heutige moderne Computer eigentlich nichts anderes sind als Rechenmaschinen (sie arbeiten noch immer mit Zahlen. Egal was wir ihnen eingeben, im inneren werden die Informationen in Zahlen umgewandelt und dann erst verarbeitet), so gibt es Rechenhilfsmittel schon seeehr lange. Denn als solches werden auch Antike Rechenschieber bezeichnet. Wirklich interessant wird die Geschichte der Rechenmaschine erst um das 20. Jahrhundert, nämlich dann, wenn sie zum ersten Mal als sogenannte Computer (1946) bezeichnet werden.

Der „Vater“ moderner Computer, Alan Turing, schuf einen großen Teil der theoretischen Grundlagen der modernen Informations- und Computertechnologie (dem Leser ist er sicher durch den 2014er Film „The Imitation Game“ geläufig, wo er von Benedict Cumberbatch dargestellt wird). Von ihm stammt der sogenannte Turing-Test, welchen er 1950 vorgeschlagen hat, um festzustellen ob eine Maschine ein menschengleichwertiges Denkvermögen besitzt. Dieser Test wird auch heute noch angewendet.

Das muss sich der Leser erst einmal auf der Zunge zergehen lassen!

Bereits 1950 haben sich Menschen über das Thema der K.I. Gedanken gemacht und heute haben wir es bereits 2016, jeder von uns besitz ein Smartphone, jeder Haushalt hat mindestens (!) einen Computer und/oder Laptop bzw. Tablet. Gegenstände von denen Alan Turing vermutlich noch nicht einmal geträumt hat und trotzdem war das Thema K.I. damals nicht so weit hergeholt wie wir es selbst heute noch denken mögen.

Doch noch einmal zurück. Was ist der Turing-Test eigentlich? Wie sieht der aus?

Natürlich werde ich es kurz beschreiben und es kann auch auf Wikipedia nachgelesen werden, aber um es so richtig anschaulich dargelegt zu bekommen, rate ich jedem Leser den Britischen Film „The Machine“ anzusehen. Hier wird er Bildgewaltig (wenn auch etwas verändert) gezeigt.

Ziel des Tests ist es eigentlich, herauszufinden ob eine Maschine in der Lage ist, dem Menschen vorzugaukeln man habe es mit einem Menschen zu tun. Im Folgenden Zitiere ich aus Wikipedia:

„Im Zuge dieses Tests führt ein menschlicher Fragesteller über eine Tastatur und einen Bildschirm ohne Sicht- und Hörkontakt mit zwei ihm unbekannten Gesprächspartnern eine Unterhaltung. Der eine Gesprächspartner ist ein Mensch, der andere eine Maschine. Beide versuchen, den Fragesteller davon zu überzeugen, dass sie denkende Menschen sind. Wenn der Fragesteller nach der intensiven Befragung nicht klar sagen kann, welcher von beiden die Maschine ist, hat die Maschine den Turing-Test bestanden, und es wird der Maschine ein dem Menschen ebenbürtiges Denkvermögen unterstellt.“

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Turing-Test

Obwohl in Wikipedia aufgeführt wird, dass bisher noch kein Computerprogramm den Test bestanden hätte, ist dies jedoch nicht ganz korrekt! Denn bestanden hat man, wenn man mindestens ein Drittel der menschlichen Testpersonen überzeugen kann, menschlich zu sein.

Am 7. Juni 2014 konnte ein Computer erfolgreich ein Drittel der menschlichen Testpersonen davon überzeugen, ein 13 jähriger, Ukrainischer Junge zu sein!!! Er ist bis jetzt der einzige Computer, dem das gelungen ist (Quelle: http://www.thewire.com/technology/2014/06/for-the-first-time-ever-a-computer-passed-turing-test-for-artificial-intelligence/372392/). Der „Junge“ heißt Eugene Goostman und ist ein sogenannter „Cleverbot“ oder „Chatbot“. Ein Programm welches in Chats dem Gegenüber simulieren soll, ein Mensch zu sein. Man konnte sogar eine Zeit lang selbst mit Eugene chatten, aber leider ist er Momentan offline. Der Link ist jedoch noch immer offen, also wenn ihr mir nicht glaubt: http://www.princetonai.com/bot/.

Soweit also zu unseren aktuellen Fortschritten in Bezug auf K.I.‘s und nein, ich habe keine Lust darüber zu diskutieren warum der Turing-Test von vielen Wissenschaftlern als ungeeignet eingestuft wird. Es wird (oder gibt es bereits) andere Test-verfahren, welche besser und ausgereifter sein werden. Der Punkt ist jedoch, dass wir uns alle irgendwann damit auseinander setzen werden müssen, wann eine K.I. eine künstliche menschliche Intelligenz hat oder eine künstliche mechanische Intelligenz besitzt.

Denn meiner Meinung nach ist eine K.I. nicht gleich eine K.I.

Eugene Goostman mag vielleicht erfolgreich vorgegaukelt haben, dass er ein Junge sei und kein Chatbot, dennoch spreche ich ihm das menschlich sein ab. Obwohl er wirklich sehr nahe an einen 13 jährigen Ukrainer herankommt, der in einer fremden Sprache schreibt (in Englisch), so kann er meiner Meinung nach schnell entlarvt werden. Ein Interview mit ihm konnte ich Online finden: http://time.com/2847900/eugene-goostman-turing-test/.

ABER und hier wird es nun knifflig: der geneigte Leser (und ich) wissen bereits, dass er ein Chatbot ist und kein Junge. Es würde eventuell anders aussehen, wenn ich ihn nicht kennen würde und mit ihm chatte. Wenn ich ehrlich bin, kann es gut sein, dass mich meine ersten Chatpartner, mit denen ich zum ersten Mal auf Englisch geschrieben habe, für einen Chatbot gehalten haben.

Zurück zum Thema menschlich oder mechanisch.

Natürlich wissen alle vernunftbegabten Menschen, dass ein Computer, ein Programm oder eine Maschine vielleicht so tun kann als ob, dies jedoch lediglich auf den Algorithmen basiert, auf denen es geschrieben wurde. Sie wurden von uns so designt und programmiert. Selbst wenn das Programm aus seinen Fehlern lernt (wie jedes poplige Schach-Programm), so ist es doch auf den Programmierungscode beschränkt.

Aber das führt mich zu der Frage: Wer hat uns designt bzw. programmiert?

Sind wir nicht auch ein Stück weit wie Maschinen?

Werden wir nicht schon im Mutterleib programmiert?

Werden wir nicht im Kleinkind- und Kindesalter von den Bezugspersonen um uns herum designt?

Gibt es nicht nachweislich Dinge, wie z.B. einige psychische Krankheiten (in Computersprache sogenannte Errors und Fehler), welche uns von der Genetik (also Programmierung) mitgegeben werden, und auf die wir keinen Einfluss haben und uns mehr als einmal in unserer Handlung (also Ausführung) beschränken?

Besagt das Talos-Prinzip nicht, dass eine Maschine wie z.B. Talos ohne seine Flüssigkeit oder seinen Strom stirbt, wie auch ein Mensch stirbt, wenn er sein Blut verliert?

Ist unser Gehirn nicht unsere Rechenmaschine, welche Eingaben verarbeitet, Auswertet und dann die beste Antwort liefert, die durch unsere Lebenserfahrung beeinflusst wird?

Haben wir nicht nachweislich noch lange nicht alles über unsere eigenen Körper gelernt?

Können wir dann überhaupt verstehen was es bedeutet menschlich zu sein?

Ich finde es ist sehr schwer eine Grenze zwischen einer menschlichen K.I. und einer mechanischen K.I. zu ziehen.

Wenn wir Intelligenz besitzen und Maschinen eine Künstliche Intelligenz. Wer kann dann noch unterscheiden welcher Menschlich und welcher Mechanisch ist? Auch Menschen können programmiert werden und Gefühle abschalten oder simulieren. Wer sagt, dass es nicht irgendwann so weit ist, dass Maschinen dasselbe können? Gefühle haben? Oder wenigstens glaubhaft simulieren?

Kann jemals einem Menschen, der abgestumpft ist und nur noch funktioniert, nur weil es andere von ihm erwarten der Status eines Menschen oder einer menschlichen Person aberkannt werden?

Es ist nicht so lange her, da haben wir einige unserer Mitmenschen nicht als Menschen gesehen, sondern als Tiere. Es wäre also nicht undenkbar.

Kann jemals einer Maschine, die glaubhaft Gefühle simulieren kann und auch mal nicht das tut, was ihr gesagt wird, obwohl sie dafür programmiert wurde, der Status eines Menschen oder einer menschlichen Maschine anerkannt werden?

Mein PC tut auch nicht immer das was er soll und manchmal kann die Ursache dafür einfach nicht gefunden werden.

Ich glaube, an dieser Stelle komme ich zu keinem Ergebnis. Das war auch nie meine Absicht. Ich wollte heute meine geneigten Leser daran teilhaben lassen, was mich gerade beschäftigt und ich hoffe sehr, dass ich den einen oder die andere zum Nachdenken angeregt habe.

Ich denke, dass ich meinem Talos-Prinzip / Mensch vs. Maschine „Problem“ erst mit der Einbeziehung des Bewusstseins näher kommen werde, aber das hebe ich mir für das nächste Mal auf.

Soviel also erst einmal hierzu und ich würde mich sehr über Kommentare und Anmerkungen freuen!!!!





Kommentare zu dieser Seite:
Kommentar von Der Lichtbringer, 14.05.2016 um 10:34 (UTC):
Nicht ganz schlüssig an manchen Stellen und sprunghaft im Gedankengang aber nichtsdestoweniger sehr interessant zu lesen. Es macht Spaß und regt zum Nachforschen an. Ich bin gespannt auf den nächsten Eintrag.



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