Zissy M. Baumann: Willkommen in meinen Gedanken
Zissy M. Baumann

22. August 2016



In meinem Leben fehlt etwas.

Es fehlt etwas so wichtiges oder gravierendes, das es mir überhaupt auffällt, dass mir etwas fehlt.

Das große Problem an dieser Sache ist nur, dass ich einfach nicht darauf komme, WAS mir fehlt.

Jedem Menschen fehlt irgendetwas und jeder Mensch ist die meiste Zeit seines kurzen Lebens auf der Suche. Manche wissen was sie suchen, manche glauben zu wissen, was ihnen fehlt und ein paar (so wie ich), sind auf der Suche und haben keinen Schimmer nach was sie eigentlich suchen. Das blöde Gefühl, dass etwas Wichtiges fehlt ist leider immer vorhanden.

Egal ob ich es ignoriere oder irgendetwas als Zwischenlösung suche, etwas das mir für kurze Zeit ruhe gibt, weil ich mir einreden kann „DAS ist das, was mir fehlt“. Das Gefühl, dass es doch nicht das richtige ist, ist leider trotzdem da. Es wird nur für kurze Zeit überschattet oder versteckt.

Ich weiß auch heute nicht, was mir fehlt, allerdings habe ich langsam aber sicher eine Ahnung, was es sein könnte.

Seit meiner Krankheit vor über einem Jahr, habe ich immer noch regelmäßige therapeutische Sitzungen. In ihnen setze ich mich mit allerlei Dingen auseinander, die mich in meinem Alltag beschäftigen und immer dann, wenn ich das Gefühl bekomme, dass ich langsam etwas wichtigem näher komme, endet die Sitzung. Bei der nächsten beginne ich wieder von vorne usw. … 

Das, was ich beim letzten Mal herausbekam ist, dass ich mich gegen alles Mögliche wehre, mich querstelle wenn ich nicht will. Und ich will oft nicht.

Das wiederum würde bedeuten, dass ich nur deswegen nicht herausfinden kann was mir fehlt, weil ich mich dagegen wehre. Von all den Dingen die ich ablehne gibt es also mindestens eine Sache, die mein innerstes tun will, obwohl mein bewusstes Ich dagegen ist.

Das ist ein wirklich großes Problem für mich.

Ganz abgesehen davon, dass ich noch immer nicht weiß was mir in meinem Leben fehlt, ist diese Sache auch noch etwas gegen das ich mich erwehre. Was auch immer es ist, ich will nicht!

Mit zehn Jahren ist mir das erste Mal aufgefallen, dass in meinem Leben etwas fehlt.

Woher ich das so genau weiß?

Wie könnte ein Mensch eine solche Erkenntnis überhaupt jemals vergessen?

Ich werde niemals vergessen können, wie ich versucht habe in Worte zu packen, was in mir vorging, als mich diese Erkenntnis traf und ich werde ebenso niemals vergessen wie ich am Esstisch vor meinen Eltern in Tränen ausgebrochen war. Da erkannte ich das erste Mal, dass mir dabei niemand helfen kann und Tränen keinem helfen. Weder meinen ratlosen Eltern und vor allem nicht mir.

Seitdem gehe ich mal besser und mal schlechter mit diesen Gefühl um.

Gelernt habe ich auf meine Suche einiges.

Aber meine letzte Erkenntnis hat mich noch einmal schwer getroffen und es beschäftigt mich so ungemein, dass ich beschlossen habe, etwas darüber auf meiner Homepage zu posten.

Ich bin stolz darauf Stur zu sein, meinen eigenen Kopf durchsetzen zu können, solange ich das Gefühl habe das es der richtige Ort und Zeitpunkt ist. Ich bin stolz darauf auch mal nein sagen zu können und es dabei zu belassen. Ich bin stolz auf meine Überzeugungen und auf all die Dinge die ich gelernt habe.

Sie machen mich aus.

Das bin ich.

Wenn ich sie über Bord werfe, bin ich dann immer noch ich?

Um herauszufinden was mir in meinem Leben fehlt und gegen was ich mich zugleich sträube, müsste ich aufhören mich zu sträuben. Doch davon gibt es einiges.

Ich kann doch nicht einfach aufhören ich zu sein, um herauszufinden was mir fehlt!

Ich glaube inzwischen, dass genau DAS, das Ziel meiner Therapie ist. Dass ich mich öffne gegenüber Dingen die ich abtue. Das ich finde was mich quält.

Nur fürchte ich, dass es da ein Problem gibt, von dem sich meine Therapeutin nicht bewusst ist:

„Ich will nicht!“

Kennt ihr schon irgendwoher, nicht wahr?

Ich sagte bereits, dass ich stur bin.

Aber ich habe Angst.

Ich will ich bleiben.

Was wenn ich mich öffne?

Bin ich dann noch ich?

Ich bezweifle es.

Eine weitere Angst ist die:

Wenn ich finde, was mir in meinem Leben fehlt, was ist dann? Lebe ich glücklich bis an mein Lebensende?

Ich bin Realist.

Das gibt es nicht.

Ist dann mein Leben vorbei?

Vielleicht. Wer kann einem das schon sagen?

Bleibt alles wie bisher?

Ganz sicher nicht, denn der quälende Gedanke wäre nicht mehr da und der treibt mich oft genug an den Rand meines Verstandes.

Was wäre dann so schlimm daran?

Wäre mein Leben jetzt zu Ende, kann ich sagen, alles war okay. Ich bedaure nichts. Aber könnte ich das auch noch sagen, wenn ich mich verändre? Wenn ich nicht mehr die bin, die ich jetzt bin? Würde ich bedauern diesen Schritt gegangen zu sein?

Die Möglichkeit, dass dem so sein könnte, macht mir die meiste Angst.

Um diese Angst zu umgehen, spiele ich ein Spiel.

Ich gaukle anderen Menschen (und manchmal mir selbst) vor, dass ich mich verändre und die Veränderung will. Aber tief in meinem Herzen bleibe ich, wer ich bin.

Nur ob ich dadurch finden werde, was mir fehlt, ist fraglich.

Der einzige Trost ist dabei: andere Menschen suchen ebenfalls und einige von ihnen gehen am Ende ihres Lebens ohne Ergebnis davon. Aber haben sie deswegen weniger gelebt?






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